Themenstrang: »Forschung«
Referent_innen: Stefan Meretz, Martin Fries
Tag/Zeit: Donnerstag, 15.9.2016, 13:30–15:30 Uhr
Klaus Holzkamps funktional-historische Analyse der gesellschaftlichen Natur des Menschen in der Diskussion
Holzkamps „Grundlegung der Psychologie“ (GdP) hat den Anspruch, die grundlegenden Kategorien Kritischer Psychologie wissenschaftlich aus der gesellschaftlichen Natur des Menschen abzuleiten. Mittels seiner „funktional-historisch“ genannten Analyse versucht er über eine Rekonstruktion der Evolution des Psychischen vom Einzeller bis zur Schwelle der Menschwerdung hin die grundlegenden psychischen Funktionen der Menschen zu erarbeiten. Dabei soll sowohl das spezifisch Menschliche wie auch das spezifisch Gesellschaftliche an der psychischen Funktionsgrundlage aller Menschen erkennbar werden. Doch ist dieses Verfahren überhaupt geeignet, zu zeigen, was Holzkamp zeigen will? Darüber wollen wir diskutieren.
Martin Fries hebt den Konstruktionscharakter von Holzkamps Rekonstruktion der Evolution zum Menschen hin hervor. Dabei soll der politisch interessierte Charakter dieser Konstruktion deutlich werden. Holzkamp erzeugt Fries‘ Auffassung nach mit seiner Theorie eine Rückprojektion eines von ihm politisch gewünschten Menschenbildes in die Evolutionsgeschichte. Dieses Bild sei obendrein deutlich gemäß gesellschaftlicher Männlichkeit konstruiert.
Stefan Meretz findet die Kritik von Martin Fries in Teilen berechtigt, kritisiert jedoch ihre erkenntnistheoretische Grundlage, die als äußerlicher Maßstab an die GdP herangetragen werde. Stattdessen gelte es, die Ansprüche von Klaus Holzkamp an seine Theorieentwicklung ernst zu nehmen und diese auf Grundlage einer immanenten Kritik weiterzuentwickeln. Dies soll am Beispiel der Kritik an der Fokussierung auf die Werkzeugherstellung bei der Herausbildung der kooperativ-vorsorgenden Schaffung der Lebensbedingungen gezeigt werden.